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UX Design ist mehr als schnell mal schön

Bunte Marker auf weißem Plakat mit Zeichnungen

Angeregt durch die Lektüre des Buches „Design ist mehr als schnell mal schön“ von Maren Martschenko fasst unser UX Designer Julian Mengel die Relevanz von gutem Design mal in eigene Worte.

„Good Design is good Business“, so das Zitat von IBM-Gründer Thomas J. Watson. Aber was genau hat Design mit Geschäftserfolg zu tun? Kostet Design nicht erst einmal Zeit und Geld?

Es gibt gute Gründe, warum Design kein reiner Kostenfaktor, sondern ein elementarer Erfolgsfaktor für Marken und Produkte ist. Diese will ich im Folgenden etwas genauer beleuchten.

Zunächst müssen wir klären, was Design in diesem Kontext überhaupt bedeutet. Ähnlich wie die Begriffe „Agil“ und „Big Data“ gehört „Design“ wahrscheinlich zu den meist missinterpretierten und missverstanden Begriffen überhaupt.

Grundsätzlich mehr als schnell mal schön

Design, wie es in erfolgreichen Unternehmen gelebt wird, bedeutet, dass alle Bereiche des Unternehmens betroffen sind. Erfolgreiche Unternehmen sind in der Lage, die Bedürfnisse Ihrer Nutzer oder zukünftiger Käufer genau zu untersuchen und Produkte und Services zu entwickeln, mit denen sie sich positiv vom Markt absetzen und somit langfristig erfolgreich sein können.

McKinsey hat im Rahmen der Studie „The business value of design“ 2018 einen Design-Index entwickelt, der zum ersten Mal überhaupt den Geschäftswert von Design berechnet. Die Studie zeigt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Design-Best-Practices – egal, ob nun Produkt-, Experience- oder Service-Design – und finanzieller Performance:

Unternehmen, die ein beispielhaft ausgeprägtes Designbewusstsein haben, steigern ihre Umsätze und die Aktionärsrenditen in der Jahresbetrachtung fast doppelt so schnell wie ihre Wettbewerber.

Die erfolgreichsten Unternehmen messen folgenden vier Aspekten große Bedeutung bei, um mit Design einen messbaren Wertschöpfungsbeitrag zu leisten. Diese bilden das Fundament des McKinsey-Design-Index:

McKinsey Design Index

  1. Design ist mehr als ein Gefühl. Designperformance ist genauso messbar wie Einkünfte und Ausgaben eines Unternehmens. Man muss nur anfangen, sie zu messen. Erfolgreiche Unternehmen verfolgen konsequent eine nutzerzentrierte Strategie.
  2. Design ist mehr als eine Abteilung. Nutzerzentrierte Gestaltung ist kein Alleingang der dafür zuständigen „Abteilung“. Vielmehr wird sie von cross-funktionalen Teams realisiert.
  3. Design ist mehr als „einmal schnell“. Design ist keine Phase. Es ist ein kontinuierlicher iterativer Prozess, bei dem stets die Nutzer eines Produktes oder Services integriert werden. Die leistungsstärksten Unternehmen reduzieren das Risiko von Fehlentwicklungen, in dem sie den Kunden kontinuierlich zuhören, neue Ideen testen, diese verwerfen oder verbessern – und zwar gestützt durch begleitende Wettbewerbs- und Marktanalysen.
  4. Design ist mehr als ein Produkt. Es geht um ein ganzheitliches Nutzererlebnis. Das Produkt muss vor dem Kauf, während des Kaufs, bei der Nutzung und im Service erlebbar sein. Die Grenzen zwischen Produkt-Design, Experience Design und Service Design sind fließend.

Erfolgreiche Unternehmen haben Design entlang des gesamten Customer Live Circles etabliert und stellen sicher, dass jeder Berührungspunkt des Kunden mit der Firma entsprechend gestaltet wird (Touchpoint Design). Denn selbst das beste Design und Marketing scheitert, wenn ein bereits genervter Kunde sein in der Garantiephase befindliches Produkt umtauschen möchte und auf einen schlecht gelaunten Service-Mitarbeiter trifft. Das sind die „Moments of Truth“, die im Sinne eines ganzheitlichen Nutzerlebnisses von Designern mitgestaltet werden sollten – weil darüber entscheiden, ob ein Kunde ein loyaler Kunde wird oder bleibt, der das Produkt entweder weiterempfiehlt oder dem Unternehmen wegen schlechter Erfahrung den Rücken zukehrt oder – schlimmer noch – öffentlich eine schlechte Bewertung abgibt.

Warum wird UX Design immer relevanter?

Globalisierung und Digitalisierung betreffen nicht nur einzelne Branchen, sondern die gesamte Wirtschaftswelt. Produkte und Märkte wandeln sich, Unternehmen sehen sich mit veränderten Kundenwünschen konfrontiert. Gleichzeitig drehen sich die Räder des Wirtschaftsgeschehens immer dynamischer, Technologien veralten schneller und disruptive Ereignisse können sicher geglaubte Gewissheiten über Nacht obsolet machen.

Folgende Grafik zeigt, wie viele Jahre eine Innovation bisher benötigte, um mit 50 Millionen Nutzern als allgegenwärtig (ubiquitär) bezeichnet werden.

Expert:innen für Change Management prägten für das Phänomen dieser Schnelllebigkeit und Unbeständigkeit das Kunstwort „VUKA-Welt“, das sich aus folgenden Herausforderungen zusammensetzt:

  • Volatilität
  • Unsicherheit
  • Komplexität
  • Ambiguität

Vieles ist in dieser VUKA-Welt unberechenbar geworden: Preise, Kundenerwartungen, Mitbewerber – die Fachwelt nennt das Volatilität. Damit einher geht in vielen Fällen große Unsicherheit, was als nächstes zu tun ist. Bei einigen Unternehmen führt dies zu Aktionismus, bei anderen zum Stillstand.
Denn viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, völlig neue Wege einzuschlagen, z. B. ihre Dienstleistung oder Produkte zu digitalisieren.

Erfolgreiche Unternehmen und Organisationen, die sich ständig neu erfinden, um nicht obsolet zu werden und vom Markt zu verschwinden, bezeichnen Alex Osterwalder und Yves Pigneur in ihrem gleichnamigen Buch als „Invincible Companies“.

Eine Invincible Company, also ein unbesiegbares Unternehmen, lotet ständig die Zukunft aus und schöpft zugleich auf hervorragende Weise aus der Gegenwart. Sie pflegen eine ständige Innovationskultur. Designer helfen in diesen Unternehmen dabei neue Wege zu gehen, diese an Nutzern zu testen und zu optimieren oder auch zu verwerfen und neue Ziele ins Visier zu nehmen.

Misserfolge und bahnbrechende Erfindungen sind dabei untrennbare Zwillinge, denn die Straße zum Erfolg ist mit Misserfolgen gepflastert. Designer unterstützen dabei, neue Geschäftsideen schon sehr früh mit der Zielgruppe zu testen und auf die wirklichen Bedürfnisse der Zielgruppe anzupassen. Das spart Geld, weil bereits in sehr frühen Projektphasen Feedback über Erfolg oder Misserfolg vorliegt und nicht erst nach monatelanger Entwicklung und der Erstellung eines MVPs.

Fazit

Die Aufgabe von UX Design ist nicht in Schönheit zu sterben, sondern vielmehr:

  • ein tiefes Verständnis von Nutzerbedürfnissen aufzubauen,
  • dabei die Businessziele nie aus dem Blick zu verlieren,
  • den ROI zu definieren und genau im Auge zu behalten und
  • dabei neue Wege zu gehen und neue Lösungen zu suchen

Denn Design ist mehr als schnell mal schön.

Quellen:

„Design ist mehr als schnell mal schön“, Maren Martschenko, 2020, ISBN 978-3-87439-937-1″
„The Invincible Company“ Alex Osterwalder, Yves Pigneur, Et al., 2020, ISBN 978-1119523963U