Responsible Design – oder warum Teddybären Menschenrechte verletzen

Florian Reute von Micromata von Micromata klebt bunte Post-its auf eine Glasscheibe, fotografiert durch diese Scheibe

Beim Design einer Webseite oder Webapplikation denken die wenigsten an Kohlendioxid. Unser UX-Designer Julian Mengel hat es dennoch getan und seine Erkenntnisse beim World Usability Day 2016 in Hamburg vorgestellt, der diesmal unter dem Motto Nachhaltigkeit und die Verantwortung für eine bessere (digitale) Welt stand. Sein Thema: Responsible Design.

Dass die durch das Internet hervorgerufenen CO2-Emissionen die der Flugindustrie inzwischen überschreiten, ist noch weitgehend unbekannt. So liegt der CO2-Fußabdruck des Internets bei 680 Mio. Tonnen im Jahr, wovon etwa 332 Mio. Tonnen auf diejenigen entfallen, die das Netz mit Webanwendungen und Online-Diensten selbst aktiv gestalten. Zum Vergleich: Die CO2-Menge der Flugindustrie liegt bei jährlich 320 Tonnen und entspricht damit der von 142 Mio. Kleinwagen.

Das sind drastische Zahlen. Verantwortungsvolles und nachhaltiges Webdesign sollte darauf reagieren und daran arbeiten, den Energieverbrauch im Netz zu reduzieren. Dafür bieten sich etwa folgende Stellschrauben an:

Für Responsible Design bieten sich etwa folgende Stellschrauben an:

  • Usability: Ist die Nutzerführung durchdacht, schont das nicht nur die Nerven des Nutzers, sondern auch Zeit und Energie
  • Dateigrößen: Bilder im Netz können und sollten kleingerechnet werden
  • Performance: Je schneller eine Webseite lädt, desto weniger Energie verbraucht sie
  • Schlanker Code: Weniger ist mehr… das gilt auch beim Programmieren.

Nicht nur aus Klimaschutzgründen ist Webentwicklung auch eine Frage der Moral. Namentlich der Umgang mit persönlichen Daten stellt den Entwickler vor ethische Herausforderungen. Der Teddybär ist ein perfektes Beispiel dafür. Seit mehr als einem Jahrhundert ist er ein Sinnbild für Kindheit, für selbstvergessenes glückliches Spiel im geschützten Raum einer liebenden Familie.

Das war einmal. Heute werden Spielzeuge zunehmend mit digitaler Technik ausgestattet. Mit Kameras, Mikrofonen und Gesichtserkennungssoftware usurpieren sie den Kernbereich unserer Unschuld, das Kinderzimmer. Das ist nicht nur ethisch fragwürdig, sondern auch grundgesetzwidrig, weiß Julian Mengel. Als besonders tragisch erscheint es ihm, dass die Verbraucher dies entweder nicht wissen oder Bedenken mit der weit verbreiteten Haltung „Schließlich habe ich nichts zu verbergen“ in den Wind schlagen.

Wir alle haben ein Recht auf Privatsphäre. Kinder sind unsere Schutzbefohlenen. Und weil sie nicht selbst für dieses Recht eintreten können, müssen es die Eltern tun.

Weitere Informationen zum Thema Responsible Design können sie beispielsweise dem Fachvortrag von Sebastian Ammermüller (Informationsarchitekt bei Micromata) oder dem TECH TALK von Tobias Marx (UX-Designer bei Micromata) entnehmen. Unter dem Stichwort „Privacy by Design“ haben sich beide ebenfalls mit dem Wert des Datenschutzes im digitalen Zeitalter befasst.

(jw)

Julian Mengel

Julian Mengel

User Experience Designer
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