
In diesem dritten Teil der Blog-Trilogie zu Online-Workshops berichtet Projektleiterin Petra Krug nicht nur von ihren Best Practices, sondern sagt uns auch, wie man online eine gute Party schmeißt.
Da stehen wir nun, wir Moderator:innen. Mit Corona von einem Tag auf den anderen ins digitale Arbeiten geschickt, mit allem was dazu gehört – der Konflikt mit Kindern („Nein, die nächsten zwei Stunden kein Netflix – ich bin im Meeting!“), technische Hürden („OMG, ich komm nicht rein!“) und die Probleme vor dem Bildschirm („Petra, Du bist gemuuuuted!“)
Auf der kognitiven Ebene wissen wir Bescheid: Miro hilft uns beim Visualisieren, Online-Meetings sind anstrengender, und noch irgendwas. Und Online-Meetings können wir inzwischen alle, den Projekt-Jour-Fixe mit 3-5 Personen, eine Stunde, kein Problem. Aber was, wenn wir mehr wollen? Wie läuft es mit dem Meeting mit 10 Personen und mehr? Bei dem zweitägigen Workshop oder Seminar? Oder wenn eben doch der persönliche Kontakt gewollt ist?
Projektpräsentation mit 33 Teilnehmenden
Mein Kollege fragt mich: „Kannst Du die Moderation für unseren Pitch übernehmen?“ Mein erster Gedanke: Warum macht er das nicht selbst? Dann hätte er selbst die beste Steuerung, wohin sich das Gespräch entwickelt. Als gute Kollegin helfe ich ihm natürlich trotzdem gern und stelle schon bei der Vorbereitung fest: Recht hat er! Gleichzeitig online zu präsentieren und zu moderieren birgt Stolperfallen. Meine Tipps:
- Agenda. Ja, ich weiß, wenig online-spezifisch, aber sinnvoll. Bereiten Sie eine Agenda vor, die allen Teilnehmer:innen transparent macht: Das erwartet mich heute, so wird der Termin laufen.
- Muten. Zu Beginn des Meetings habe ich alle Teilnehmenden ausdrücklich gebeten, ihre Mikrofone stumm zu schalten. Nur wer gerade aktiv ist, sollte sich entmuten. Das hält das Grundrauschen gering und beugt auch der einen oder anderen Rückkopplung vor.
- Kamera. In Absprache mit meinem Kollegen habe ich darum gebeten, die Video-Funktion NICHT zu nutzen. Während ich ansonsten meist ausdrücklich darum bitte, die Kamera anzuschalten, beeinträchtigt dies in großen Meetings die Bandbreite. Übrigens hat die Video-Funktion und auch der Weichzeichner negative Auswirkungen auf unseren CO2-Fußabdruck. Und mal ganz ehrlich – hätten Sie in einem Meeting mit 30 Personen und mehr die Mimik aller Anwesenden im Blick?
- Wortmeldungen. Generell mache ich die Anwesenden auf die Funktion Wortmeldung aufmerksam und bitte sie, diese zu nutzen. Hat leider in dem konkreten Fall technisch nicht geklappt. Es hat sich aber gezeigt, dass das entmuten schon fast als Wortmeldung funktioniert hat, so dass ich wenig Pausen für Fragen machen musste.
- Rednerliste. Klingt formal, hilft aber: Jetzt ist Frau Meier dran, dann Herr Schulze, dann Frau Becker. Gibt es weitere Wortmeldungen? Auch in Dailies mit annähernd einem Dutzend Teilnehmenden hilft ein festes Schema, so dass jede:r einschätzen kann, wann mensch dran ist.
- Chat. Der zweite und fast noch bessere Kanal für Fragen. Die Teilnehmer haben hier die Möglichkeit, ihre Frage gut zu formulieren und es gibt keine Verständigungsschwierigkeiten oder Verzerrungen. Als Moderatorin habe ich die Frage für alle vorgelesen und die Angesprochenen konnten anschließend antworten.
Zwischenfazit
Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Online-Format hat uns Möglichkeiten gegeben, die wir vor Corona wahrscheinlich nicht in dieser Form genutzt hätten.
Wir hatten 33 Teilnehmer:innen aus einem guten Dutzend beteiligter Unternehmen aus dem gesamten Bundesgebiet dabei. Analog hätten wir die Präsentation vielleicht vor 10 Anwesenden gehalten und diese hätten die Informationen weitergegeben – Informationsverlust vorprogrammiert.
Und natürlich gelten für ein solches Meeting die gleichen Grundsätze wie analog: Bereiten Sie Ihre Präsentation gut vor, recherchieren Sie die Zielgruppe, bereiten Sie Informationen übersichtlich auf, lassen Sie die Vortragenden wechseln, sorgen Sie für Medienvielfalt.
Der Drei-Stunden-Termin
Einige Empfehlungen von oben lassen sich auch hier anwenden: Eine Agenda hilft allen Teilnehmenden, den Termin zu strukturieren, muten reduziert das Grundrauschen, Wortmeldungen strukturieren das Meeting.
Und folgender Tipp ist nun wirklich alles andere als geheim. Aber was wahr ist, darf ruhig öfter gesagt werden:
Pausen! Legen Sie mindestens einmal pro Stunde eine Pause ein, mindestens 5 Minuten. Warum? Es hält die Aufmerksamkeit, weil die Teilnehmenden wissen, dass sie ihre Mails und Co. auch während der Pausen kurz checken können.
Pausen bieten also Gelegenheit, Kleinigkeiten zwischendurch zu klären. Als Moderatorin rege ich die Teilnehmenden z. B. auch dazu an, einen Kaffee zu holen, zu lüften oder anderen gesundheitlichen Bedürfnissen nachzukommen. So kommen sie erholt und frisch zurück, die Augen konnten sich im Idealfall vom Bildschirm erholen und der Körper hatte etwas Abwechslung vom Sitzen.
Der Moment nach der Pause gibt die Möglichkeit zu rekapitulieren: Wo waren wir vor der Pause? Wo machen wir weiter? Sind neue Gedanken gekommen? Und nicht selten führt das Aufstehen, Getränke holen oder die kurze (bewusste, erlaubte) Ablenkung zu neuen Impulsen. Ganz ehrlich? Ich liebe Pausen!
Inzwischen versuche ich, auch jeden 1-Stunden-Termin auf 55 Minuten zu begrenzen, damit alle die Chance haben, vor dem nächsten Termin noch in den Genuss einer Pause zu kommen. Etwas, das ich dringend übrigens auch für analoge Termine empfehle.
Die Weihnachtsfeier
Seit März letzten Jahres machen wir Remote Office – von einer kurzen Phase der Corona-Entspannung im letzten Sommer mal abgesehen. Und auch im Kundenkontakt war die Möglichkeit der analogen Begegnung minimal.
Lassen sich trotzdem gemeinsame Events umsetzen? Ja, das geht! Ein Beispiel:
Feiern. Im Dezember haben wir als Team eine kleine Online-Weihnachtsfeier mit unseren Kunden durchgeführt. Zehn Personen haben teilgenommen, das haben wir vorbereitet:

Jeder bekam im Vorfeld eine Tüte mit dem nötigen Equipment bereitgestellt (Kerze, Weihnachtsplätzchen, Bastelset und Kopfbedeckung). Diese wurden dann gemeinsam per Videochat ausgepackt: von Elfen-Ohren über blinkende Weihnachtsmann-Mützen bis hin zu glitzernden Schneesternen – und spätestens bei den Bastel-Aufgaben haben wir alle Tränen gelacht. Für sein/ihr Lieblingsgetränk musste übrigens jede:r selbst sorgen, von Glühwein über Kakao bis zum Bier war alles dabei.
Eine persönliche Verbindung herstellen
Ich nutze für Workshops oder Feiern gerne soziometrische Aufstellungen: Wo wurdest du geboren, wie alt sind deine Kinder, wo war dein weit entferntestes Urlaubsziel? Auch langjährige Kolleg:innen können hier noch etwas übereinander lernen! Ein paar Anregungen:
Aus dem analogen „Stellt euch auf der Landkarte auf: Wo ist euer Geburtsort?“ wird „Bitte schreibt in den Chat, wie weit euer Geburtsort entfernt ist.“ Dann kann man die einzelnen Personen nacheinander fragen:
Aus „Wie viele Jahre Erfahrung im Projektmanagement habt ihr?“ wird vielleicht ein „Wie viele Bücher zum Thema Projektmanagement habt ihr zu Hause stehen?“ Neben dem Blick auf die Bücherwand entsteht vielleicht auch eine Diskussion darüber, ob man PM überhaupt aus Büchern lernen kann – schon ist ein interessanter Austausch angeregt.
Von „Zeigt her eure Kaffeemaschinen!“ (Kapselmaschine? Klassisch? French Press? Siebträger?) über „Zeigt her eure Haustiere!“ (Hund, Katze, Maus?) bis hin zu „Zeigt her eure Hobbys“ bietet das Home Office viele Möglichkeiten, sich kennenzulernen, ins Gespräch zu kommen oder gar ins Fachsimpeln. Da muss dem Philosophieren über die richtigen Mahlgrad-Einstellungen der italienischen Siebträger-Maschine auch mal Einhalt geboten werden!
Natürlich funktioniert so etwas nur auf freiwilliger Basis. Niemand sollte gezwungen sein, das unaufgeräumte Hobbyzimmer oder andere Ecken ihres/seines Privatlebens preiszugeben, wenn mensch das nicht möchte.
Für Kolleg:innen, denen eine bewusste Trennung von Berufs- und Privatleben wichtig ist und die in diesem Kontext auch ihre privaten Räume privat halten möchten, bieten wir deshalb künstliche Hintergründe an. Wer solche nicht hat, kann auch auf die des Videocall-Anbieters zurückgreifen oder den Hintergrund einfach in den Einstellungen ausblurren.
Fazit
Ja, Physical Distancing ist nicht immer leicht. Und ja, ich vermisse es, meinen Kolleg:innen einfach mal an der Kaffeemaschine zu begegnen und ins Schwätzen zu kommen. Aber die Digitalisierung bietet uns auch Chancen und Möglichkeiten, von denen wir uns auch nach der Pandemie hoffentlich nicht wieder verabschieden werden!
Hier Teil 1 und 2 unserer Blog-Trilogie zum Thema Online-Workshops:
- Teil 1: If you fail to prepair you’re prepaired to fail (von UX Designer Julian Mengel)
- Teil 2: Moderation (von unseren HR-Referentinnen Anna Brüchle und Yvonne Weber)
Empfehlung der Redaktion: Fallen, aufstehen, Krönchen richten … und es in Zukunft besser machen. Petra Krug über eine konstruktive Fehlerkultur (als Vortrag buchbar).